Am vergangenen Sonntag fand der Neujahrsempfang 2023 in der Kulturscheune des Rittergutsschlosses statt. Moderator Roman Knoblauch führte launig durch das kurze Informationsprogramm und kitzelte aus Bürgermeister Tobias Meier Rückblicke sowie Ausblicke heraus. Große Überraschungen gab es dabei aber nicht.
Es scheint ein Jahr der Vereine zu werden - zumindest konzentrierte sich die Stadtverwaltung in diesem Jahr zum Neujahrsempfang darauf, vor allem den Vereinen zu danken und diese für ihr teils sehr langes Bestehen auszuzeichnen. Der Spielmannszug beispielsweise wird am 1. Mai stolze 100 Jahre alt. Dafür nahm der Vorsitzende Falk Schulze 1000 Euro Prämie von Tobias Meier entgegen. Später wurden die Kleingartenvereine „Erholung” und „Am Lösegraben” für ihr 45-jähriges und der Gartenverein „Wochenendidylle” für das 40-Jährige Bestehen mit je 450 Euro beziehungsweise 400 Euro geehrt. Auch beim späteren Ausblick auf 2023 freute sich der Bürgermeister darauf, dass wir „in den Ortsteilen in Gemeinschaften wieder zusammenkommen können. Bei allen Investitionen, die wir vorhaben, ist der Zusammenhalt wichtig, der bei Straßenfesten und durch Vereine sowie Gemeinschaften entsteht. Dadurch kommt die Stadt voran”, sagte er. Für ihn sei wichtig, dass „wir friedlich und zufriedener zusammenleben können und offen aufeinander zugehen. Wir haben alle unsere Wünsche und oft ist der Kompromiss nicht weit entfernt.”
Nach der bis auf Restarbeiten beendeten Großbaustelle an der Portitzer Straße und B87 sei Tobias Meier froh, dass diese Maßnahme erledigt sei. Es sei gut gewesen, dass sich die Verwaltung vor einigen Jahren entschieden habe, dieses Vorhaben anzupacken und zu einer besseren Lösung zu führen. Das habe vielen Anwohnern einiges abverlangt, generell sei es aber positiv, wenn die Wasserwerke 100 Jahre alte Leitungen tauschen würden und Straßen saniert sowie verkehrsgerecht ausgebaut würden. Das Wort „verkehrsgerecht” würde der Fahrradclub ADFC so sicher nicht stehen lassen - in der Tagespresse ist aktuell von einer „Planung aus dem letzten Jahrhundert” zu lesen. Querungshilfen für Radler würden fehlen, gemeinsam genutzte Wege für Fußgänger und Radfahrer seien nicht mehr zeitgemäß und einiges mehr bemängelt der Verein. Eine größere Liste solle den Behörden vorgelegt werden, so der ADFC, der offenbar zuerst mit der Tageszeitung und dann mit Stadt und Landkreis kommunizierte. Ein Sachverhalt, der dem Fachbereich Bauwesen bereits bekannt ist. Der Bürgermeister ging darauf am Sonntag nicht ein.
Große Straßenbaumaßnahmen solle es in diesem Jahr nicht geben - zumindest nicht solche, die solch extreme Auswirkungen auf den Verkehr und für Anwohner hätten. Dennoch sollten die Weststraße und Freiligrathstraße grundhaft ausgebaut werden. Zumindest für den Busverkehr dürfte das spannend werden, denn der Busbahnhof ist dann eine Zeit lang nicht nutzbar. Nötig ist der Ausbau der bislang nur marginal genutzten Straßen, weil Stadtverwaltung und städtische Gesellschaft sowie private Investoren umfangreich bauen wollen: Es sollen Standorte für kleines Gewerbe entstehen, die Industriebrache an der Freiligrathstraße soll in Lofts verwandelt werden, an der Jubischstraße will der Landkreis Nordsachsen einen Wertstoffhof bauen und ein privater Investor plant entlang der B87 an der Ecke Freiligrathstraße ein Büro- und Praxisgebäude .
Auf der Sommerfelder würden die Wasserwerke in einem noch nicht näher bezeichneten Abschnitt bauen. Die Stadt saniere dort auch einen Fußweg.
Auch auf den EDEKA-Neubau im Bereich der Eilenburger Straße und dem künftigen Wohngebiet Gartenstadt blickte Tobias Meier. Man habe sich bewusst für diesen Standort entschieden, um die Einwohner im Osten Tauchas und der Altstadt besser versorgen zu können. Generell gehe es in Taucha in den nächsten Jahren darum, Restflächen zu aktivieren. Dazu wolle man gezielt auf Eigentümer zugehen. Für den Tauchaer Handel solle ein Förderprogramm entwickelt werden, um gezielt im Altstadtbereich aber auch an anderen Stellen den Einzelhandel, Dienstleistungen, Handwerk und die Gastro zu stärken.
Eine kommende Aufgabe sei das Städtebauprogramm in der Altstadt. In den nächsten Jahren können hier 11 Millionen Euro Fördermittel nach Taucha geholt werden. Mit diesem Geld solle der Bauhof erweitert, das Rathaus weiter saniert und das Sport- und Freizeitzentrum vergrößert werden. Auch das Haus 9 des Schlosses wird saniert, hier soll perspektivisch die Bibliothek einziehen. Auch Privatpersonen im Altstadtbereich hätten die Möglichkeit, hier Fördermittel zu bekommen. Infos dazu solle es noch geben.
Bereits in seinem Gruß zum endenden Jahr 2022 schrieb der Bürgermeister davon, dass es der Stadt Taucha wirtschaftlich und finanziell so gut wie nie ginge. Auch beim Neujahrsempfang sagte er dies. Dies liege zum einen Bevökerungswachstum aber auch am Bevölkerungswandel und vor allem dem Wachstum der Firmen. Es existiere eine große Blumenwiese an kleinen Firmen, dazu kämen große und kleine Büsche, aber auch starke Bäume. Bei aller Euphorie könne man aber nicht verhehlen, dass die Kosten zusehends davon liefen: „Bei der Sporthalle der Oberschule haben wir mit Kosten von 5,5 Millionen Euro geplant. Jetzt sind es 8,5 Millionen Euro”, so Meier. Und auch bei der Sanierung des Schloss-Areals sei man mit 2,3, Millionen Euro bereits über dem eigentlichen Plan von 1,4 Millionen Euro. Dennoch könne man nicht einfach aufhören mit bauen. Verwaltung und Stadträte wollen die Stadt weiter entwickeln und man hoffe, solche Mehraufwände auch weiterhin bewältigen zu können.
Weiterhin problematisch ist der Wohnungsmarkt. Die städtische Gesellschaft IBV hat nahezu eine Vollvermietung und kann kaum Wohnungen anbieten. Die Stadt Taucha setze künftig auf einen Mix aus Geschosswohnungsbau und klassischem Einfamilienhausstandort. Exemplarisch nannte Meier hier den Bogumilspark, aber auch den geplanten Wohnungsbau an der Friedrich-Ebert-Straße, der mittelfristig in den 2030er Jahren folgen solle. Eher werde das Wohngebiet Waldblick zwischen Dewitzer und Wurzner Straße entwickelt, wo Wohnungen und Einfamilienhäuser entstehen sollen. Generell gehe es nicht nur darum, neue Einwohner zu gewinnen, sondern vor allem auch den Tauchaern neue Wohnmöglichkeiten anbieten zu können. Also etwa Senioren den Umzug in eine barrierefreie Wohnung zu ermöglichen oder sich vergrößernden Familien entsprechend größeren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. Grundsätzlich müsse man beachten, dass knapper Wohnraum die Preise steigen lasse. Insofern müsse die Stadt hier handeln, so das Stadtoberhaupt.
Auch auf den Neubau der B87 wurde kurz eingegangen. Tobias Meier bemängelte, dass nach einer sehr guten Bürgerbeteiligung 2018/2019 zwar erste Planungsaufträge ausgelöst worden seien. Seit dem Frühjahr 2022 stocke es aber. Man sei dann mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten ins Gespräch gegangen. Mit jedem Jahr der Verzögerung würde die Stadtentwicklung behindert und die Bürgerschaft durch den steigenden Verkehr gefährdet. In der vergangenen Woche habe es ein neues Gespräch unter anderem mit dem Landratsamt dazu gegeben. Ernüchternde Bilanz: Sollte wieder Geld zur Verfügung stehen, was sich im April/Mai ergebe, könne ab 2024 weiter geplant werden. Ein Baustart ist also weiterhin sehr weit entfernt.
Die Bürgerbeteiligung bei den kommunalen Straßen solle auch in diesem Jahr weiter fortgeführt werden. Bislang habe man hier gute Erfahrungen gemacht. Daraus resultierten unter anderem die Abkopplung der Eilenburger Straße von der B87 oder die Querungshilfe in der Portitzer Straße. Auch künftig hoffe man so, durch Bürgerhinweise viele Kleinmaßnahmen durchführen zu können.
In Sachen Kinderbetreuung herrsche in Taucha aktuell „auf dem Papier ein Überangebot”, so Tobias Meier. Dennoch würden weiterhin mehr Krippenplätze benötigt. Darum solle dieses Jahr der ehemalige Bowlingdschungel umgebaut und mit der Kita Flohkiste verbunden werden. Dies werde mehr Plätze bringen - 160 Kinder können dann hier betreut werden. Ein Problem seien aber nicht die Räumlichkeiten, sondern die verfügbaren Erzieherinnen und Erzieher. Hier müssten sich Betreiber und Stadt gemeinsam Gedanken machen, wie dieser Beruf wieder attraktiv gemacht werden könne.
Die angespannte Lage auf dem Energiemarkt mit steigenden Preisen für Strom und Gas beschäftigen auch die Stadtverwaltung. Gemeinsam mit der envia Therm sei man dabei, ein Nahwärmenetz zu entwickeln, das Abwärme aus dem Tauchaer Rechenzentrum nutze. Jeder Bürger solle im Privaten seine Möglichkeiten ausschöpfen. Auf Starkregenereignisse habe die Stadt unter anderem mit einer Regenwasserzisterne auf dem Rathaushof, einer Rigole an der Regenbogenschule und dem Regenrückhalte-Dach auf der neuen Sporthalle der Oberschule reagiert. Der Stadtpark habe durch die langen Trockenperioden und Stürme rund 600 Bäume verloren. Hier seien Ideen gefragt, welche Bäume künftig gepflanzt werden könnten, die klimaresistenter sind.