Seit Oktober 2021 baut das Unternehmen Deutsche Glasfaser in Taucha sein Glasfasernetz auf. In Dewitz, Taucha-Süd, Plösitz und Sehlis sollten Privatpersonen und Unternehmen bis Ende 2022 von schnellen Bandbreiten bis 1000 MBit/s profitieren können, so teilte es der Anbieter im April 2022 mit . Vorangegangen war eine Haushaltsbefragung, bei der sich die in Frage kommenden Bürger und Firmen für einen kostenfreien Hausanschluss registrieren konnten. Unterstützt wurde das Vorhaben von der Stadt Taucha, die mit Deutsche Glasfaser einen Kooperationsvertrag geschlossen hatte. Der Ausbau stockt aber offenbar in Taucha - zahlreiche Kunden beklagen Stillstand seit Monaten, nicht eingehaltene Anschlusstermine, mangelnde Erreichbarkeit oder eine unsachgemäße Bauausführung. Das Unternehmen verweist auf die Komplexität der Maßnahme und spricht von Einzelfällen.
Thomas Becher ist ein friedlicher und besonnener Mensch. Über die Arbeitsweise und Kommunikation der Deutsche Glasfaser könnte sich der Tauchaer aber inzwischen nur noch aufregen. Viel mehr noch: „Inzwischen betrachte ich die Kommunikation als Satire”, schrieb er dem Unternehmen in einer E-Mail. Was war passiert? Am 30. November 2022 erhielt Becher eine E-Mail von Terrado Networks, dem technischen Partner von Deutsche Glasfaser. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass sein Hausanschluss am 6. Dezember 2022 zwischen 8 und 10 Uhr hergestellt werden soll. „Ich war anwesend. Leider tauchte kein Techniker auf. Das Kundencenter war telefonisch nicht erreichbar, ich hörte 20 Minuten lang eine Ansageschleife. Irgendwann musste ich aber auch mal wieder arbeiten”, so der Tauchaer, der daraufhin eine E-Mail an Terrado Networks mit drei Alternativterminen schrieb. Zwei Tage später gab es eine Antwort mit einem neuen Termin, der sich von den vorgeschlagenen unterschied. Also vereinbarte Becher einen Termin, der besser passte. Doch auch am 13. Dezember tauchte zwischen 13 und 15 Uhr kein Techniker auf. Daraufhin schrieb er eine E-Mail an Deutsche Glasfaser, in der er das Unternehmen aufforderte, den Vertragspflichten nachzukommen. Am Folgetag erreichte ihn eine E-Mail mit dem Wortlaut „Leider haben Sie gegenüber unserem Baupartner den Ausbau bzw. den Zugang zu Ihrem Grundstück verweigert. Im Zuge dessen ist es unklar, ob Sie weiterhin Interesse an einem Glasfaser-Ausbau an Ihrer Adresse durch Deutsche Glasfaser haben.” Daraufhin wandte er sich an Taucha kompakt, um auf diesen Zustand aufmerksam zu machen.
In einer Online-Umfrage bat Taucha kompakt um die Weihnachtszeit die Leser darum, ihre Erfahrungen mit Deutsche Glasfaser zu schildern. Diese Umfrage brachte ähnliche und weitere Probleme mit dem Anbieter zutage. Von wochenlangem Stillstand, schlechter Erreichbarkeit und Kündigungen ist da zu lesen. Stefan Mau beispielsweise schreibt: „Nach Vertragsschluss kam nichts mehr. Spärliche Informationen nur auf Nachfrage. Installation sollte im August erfolgen, dann Ende Q3. Nun haben wir Ende Q4, ohne irgendwelche Infos. Werde den Vertrag stornieren, da nicht absehbar ist, wann ich jemals etwas nutzen kann und auf die vorhandenen Alternativen Vodafone oder Telekom setzen.” Ein weiterer Kunde, der seinen Namen nicht nennen wollte, schreibt: „Bisher haben wir keinen Anschluss. Es hat sich auch noch keiner bei uns gemeldet. Wir haben jetzt Angst, dass wir einen Vertrag zahlen müssen, obwohl wir gar nicht angeschlossen sind. Ruft man bei der Servicestelle an, erwischt man entweder keinen oder niemand weiß von etwas. Wir werden mit allen Mitteln versuchen, keinen Vertrag mit Deutsche Glasfaser einzugehen.” Im Rahmen der Recherche teilten weitere Befragte mit, sie hätten ihren Auftrag inzwischen storniert, weil niemand erreichbar gewesen sei.
Bei Deutsche Glasfaser zeigte man sich sehr interessiert, diese Fälle zu lösen. Pressesprecher Herbert Spies teilt mit, dass jeder Fall einzeln betrachtet werden müsse, verweist aber auch auf die Komplexität der Maßnahme. „Der Ausbau einer komplett neuen Glasfaserinfrastruktur ist ein komplexes Infrastrukturausbauprojekt, das mit jeder Menge Koordinationsaufwand und Detailplanung verbunden ist. Oftmals ist der Netzausbau durch Deutsche Glasfaser die umfangreichste Baumaßnahme in der Geschichte einer Kommune. Zeitweise Belastungen, Verzögerungen oder Schäden während der jeweils mehrmonatigen Bauphase lassen sich aufgrund der Komplexität und hohen Bauintensität trotz exakter Planung und Vorsorge nicht immer gänzlich vermeiden”, so der Sprecher. Den „vereinzelten Unannehmlichkeiten” stehe eine sehr hohe Bauleistung gegenüber. Bundesweit habe das Unternehmen über 1,2 Millionen Glasfaser-Anschlüsse in Haushalte gebracht. 30.000 bis 40.000 Glasfaseranschlüsse würden monatlich realisiert. Dennoch sei man an einer hohen Kundenzufriedenheit interessiert. „Wenn es einmal irgendwo nicht zur Zufriedenheit läuft, informiert uns in der Regel die Stadt Taucha, mit der wir sehr gut und sehr partnerschaftlich zusammenarbeiten. Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit Bauamt und dem Sachbereich Wirtschaft.”
Norman Bachmann, Wirtschaftsförderer der Stadt Taucha bestätigt den regelmäßigen Kontakt: „Es gibt einen zweiwöchigen Termin zwischen Deutsche Glasfaser, Terrado Networks und Stadtverwaltung, aber hauptsächlich zur Klärung von Problemen und Beschwerden bezüglich der Bauausführungen”, erklärt er. Die umfangreich geschilderten Kritiken der Leser von Taucha kompakt wollte Bachmann weiterleiten, ihm selbst waren diese Informationen bislang nicht bekannt. Im Fachbereich Bauwesen hätten aber diverse Bürger ihr Leid geklagt. Auch die Stadt Taucha sei „natürlich an einer schnellen Fertigstellung interessiert. Zum einen, damit die Bürger ihren schnellen Anschluss nutzen können, zum anderen, damit die Baustellen abgeschlossen werden. Einfluss auf die Netzerrichtung haben wir jedoch nicht”, teilt er mit. Bezugnehmend auf Hinweise über eine mangelnde Bauausführung oder zerstörte Fußwege sichert er zu: „Die Flächen im öffentlichen Bereich werden nach finalem Abschluss durch unseren Fachbereich Bauwesen abgenommen. Mögliche noch vorhandene Schäden müssen durch die Deutsche Glasfaser beziehungsweise durch die von ihnen beauftragten Unternehmen behoben werden. Die Stadt Taucha ist nicht Auftraggeber und hat daher keine rechtliche Möglichkeiten”, so Bachmann weiter.
Deutsche Glasfaser-Sprecher Herbert Spies verspricht indes, dass „alle Kunden, die Ihren Anschluss während der Nachfragebündelung beauftragt haben, diesen im Rahmen des laufenden Projektes erhalten”. Wer sich erst nach der Nachfragebündelung für einen Anschluss entschieden habe, werde auch bedient - das Unternehmen bemühe sich um stetige Kommunikation hinsichtlich der Montagetermine.
In Taucha haben sich laut Informationen von Deutsche Glasfaser über 33 Prozent der Haushalte für einen Anschluss entschieden. Rund 75 Prozent davon seien bereits an das schnelle Internet angeschlossen. Auch Thomas Becher hat im Lauf der Recherchen inzwischen den Glasfaser-Anschluss in sein Haus bekommen. „Auch hier gab es Anlass zur Unzufriedenheit, denn Kabelreste und Müll wurden nicht entsorgt und die Baugrube darf man auch wieder selbst verschließen. Aber immerhin: Das Internet läuft nun”, so der Tauchaer.