Die Stadtratssitzung vom 16. September war bemerkenswert. Wir berichtet, flogen regelrecht die verbalen Fetzen zwischen den Fraktionen . Konkret ging es um den Bebauungsplan Partheblick, der gar nicht auf der Tagesordnung stand. Zum Thema äußerten sich dann aber einige Stadträte und nahmen Bezug auf einen Flyer der SPD. Bürgermeister Tobias Meier wurde in der Sitzung mehrfach angesprochen, er möge doch vermitteln oder Stellung beziehen. Diese Stellungnahme erfolgte mit heutigem Tage in schriftlicher Form.
Bürgermeister Tobias Meier erarbeitete eine längere Äußerung, stellte zu Beginn aber klar, dass sich „die Stadtverwaltung dem Neutralitätsgebot verpflichtet sieht und keine politischen Wertungen vornehmen wird.” In seiner Stellungnahme legt Meier dar, dass die Stadtverwaltung Taucha den Bebauungsplan 48 (Partheblick) seit 2014 bearbeitet und trotz der langen Dauer des Verfahrens eine Umsetzung als positiv für die Stadtentwicklung und als möglich erachtet. Begonnen habe dies mit dem Aufstellungsbeschluss des Stadtrates am 9.10.2014 und einem breiten Votum des Stadträtinnen und Stadträte.
Der weitere Wortlaut der Stellungnahme:
„Anbei die Antworten von aufgeworfenen aus der Stadtratssitzung heraus und aus einer Bürgeranfrage angesprochene Punkte. Auch wenn die Beantwortung durch die Stadt Taucha ergeht, möchte ich zudem darauf verweisen, dass es sich um betriebswirtschaftliche Belange und Beträge handelt, die im aggregierten Zahlenwerk Wirtschaftsplan der GBV 2021-25 sowie in den aktuellen Jahresabschlüssen der Gesellschaft aufgeführt sind.
Wie kann es sein, dass für eine Fläche, die bisher noch ein Feld ist, bereits Investitionskosten in dieser *Größenordnung entstanden sind und nunmehr verloren gehen? (*Bezug auf SPD-Flyer)
Der wesentliche Anteil der Wertposition im Umlaufvermögen der GBV resultiert aus dem Wertansatz im Einbringungsvertrag UR Nr. 1027/2002SB von der Stadt Taucha an die Tochtergesellschaft. Damals wurde gutachterlich der Ansatz von Bauerwartungsland mit einem Wert von ca. 21 €/qm angesetzt. Auf Basis des Aufstellungsbeschlusses aus Oktober 2014 begannen die ersten Planungen zur Entwicklung des neuen Wohngebietes. Die seitdem in den letzten sechs Jahren entstandenen Planungs- und Entwicklungskosten haben durch Bestandsveränderung den Wert des Umlaufvermögens erhöht. Der aktuelle Buchwert liegt bei ca. 1,1 Mio. €. Bei einer möglichen Beendigung der Entwicklung des Gebietes und der damit verbundenen Nichtschaffung von Baurecht besteht für die Gesellschaft die Notwendigkeit einer außerplanmäßigen Abschreibung.
Hierzu folgende Ausführungen des Wirtschaftsprüfers:
Das Umlaufvermögen beinhaltet Wirtschaftsgüter, die dazu bestimmt sind, den Betrieb eines Unternehmens nicht dauerhaft zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Die Bewertung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens erfolgt zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, dem Börsen- oder Marktwert sowie dem am Abschlussstichtag beizulegenden Wert (§ 255 Abs. 1+2 HGB). Aufgrund des strengen Niederstwertprinzips ist der Niedrigere der Werte anzusetzen. Das bedeutet, dass nicht nur bei einer dauerhaften Wertminderung, sondern auch bei einer nicht dauerhaften Wertminderung eine außerplanmäßige Abschreibung durchzuführen ist (§ 253 Abs. 4 HGB). Kommt es nicht zur Aufstellung eines rechtskräftigen Bebauungsplanes, kann die Bilanzierung nicht mehr mit dem ursprünglichen Wert für Bauerwartungsland erfolgen, es ist eine Überprüfung des Wertansatzes spätestens zum 31.12.2021 durchzuführen. Ist der beizulegende Wert niedriger, so ist eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen. In diesem Fall ist die untere Wertgrenze der Bodenrichtwert für Ackerland.
Der aktuelle Bodenrichtwert Stand 31.12.2020 für Ackerland liegt in dieser Bodenrichtwertzone bei 2,45 €/qm. Bei einer Plangebietsgröße von 54.376 qm ergibt sich ein Betrag von 967 TEuro.
Was verbirgt sich hinter der Angabe der 5 Mio. Euro verlorener Umsätze?
Umsatz bedeutet zunächst nicht Gewinn. Der Betrag scheint frei gewählt. Bei einer Gesamtwohnbauverkaufsfläche von 22.398 qm ergibt sich bei einem vorsichtig kalkulierten Verkaufspreis von 250 €/qm ein Umsatzerlös von 5,6 Mio. Euro. Die momentanen Marktpreise von Baugrundstücken im Einfamilienhausbereich liegen zwischenzeitlich bei > 300 Euro/qm, so dass der Betrag noch deutlich größer sein kann. Dem gegenüber stehen auch weitere Erschließung- und Planungskosten. Das Vorhaben B-Plan 48 Partheblick ist zudem mit aktuellem Planungsstand für alle Interessierten auf der Website wota-online.de einsehbar. Über mögliche Preise pro verkauften Quadratmeter wird jedoch nicht berichtet.
Woher stammen diese Angaben, mit denen sich die SPD in Ihrem Flyer öffentlich an die Bürger wendet?
Die Angaben wurden in dem Umfang mehrmals im Aufsichtsrat besprochen und vorgestellt und waren auch Inhalt zur Vorstellung des Projektes bei Treffen des WOTa Geschäftsführers mit unterschiedlichen Fraktionen, wie zuletzt am Dienstag, den 7. September im Gespräch beim CDU Ortsverband Taucha mit Herrn Simon als Geschäftsführer der GBV Taucha mbH.
Nachrichtlich: Die Aufsichtsräte sind zur Verschwiegenheit über die beratenen Inhalte in den Sitzungen des Aufsichtsrates verpflichtet. Der Aufsichtsratsvorsitzende sowie der Geschäftsführer dürfen in der Öffentlichkeit berichten, sofern es die Städtischen Gesellschaften nicht schadet.
Sind die Angaben von der Stadt Taucha legitimiert?
Die Stadtverwaltung Taucha hat wissentlich keine explizite Zuarbeit zu diesem Blatt geliefert.
Wo finde ich diese Sachverhalte im Haushalt der Stadt Taucha?
Im Haushalt der Stadt Taucha selbst sind die Angaben zu den Investitionskosten und den Umsatzerlösen aus dem Flyer nicht zu finden. Jedoch sind dem Haushaltsplan in jedem Jahr Anlagen beizufügen, darunter auch die Wirtschaftspläne der städtischen Gesellschaften u.a. der GBV Taucha mbH. Hieraus können die betriebswirtschaftlichen Zahlen und Plandaten analog entnommen werden.
Im Vorbericht der Stadt Taucha selbst sind auch Sachverhalte zu den städtischen Gesellschaften geschildert. Die Haushaltssatzung inkl. Haushaltsplan samt Vorbericht und den weiteren Anlagen ist stets während der Entwurfsphase öffentlich auszulegen. Dabei können Einwohnerinnen und Einwohner sowie Abgabepflichtige Einwendungen und Hinweise geben. Einsehbar sind die Dokumente für jeden.
Nach Beschlussfassung und Genehmigung durch das zuständige Landratsamt Nordsachsen wird die Satzung inkl. Haushaltsplan samt Anlagen öffentlich bekannt gemacht. Dies wird sowohl in Papierform in den Räumen der Stadtverwaltung vorgenommen als auch über die Homepage der Stadt Taucha. Hierüber kann man über das Tool des „Digitalen Haushaltsplanes” die Dokumente alle einsehen und sich auch herunterladen.
Werden bei einer Ablehnung des Vorhabens durch den Stadtrat tatsächlich die genannten sozialen Projekte (Kindergärten, Sport- und Freizeitzentrum, sozialer Wohnungsbau) der Stadt Taucha gefährdet?
Wie in der Stadtratssitzung von mir erwähnt, wird es Auswirkungen geben. Jedoch nicht sofort spürbar. Die Betreuung der Kinder in den Einrichtungen ist gesichert, der zukünftige Ausbau (ehemaliger Bowlingdschungel) wird durch die Stadt Taucha realisiert.
Sollte das Projekt überhaupt nicht weiterverfolgt werden, können bisher geplante Vorhaben wie:
Ausblick: Stadtentwicklung ist ganzheitlich und mit längerem Vorlauf zu betrachten. Sicher wird es immer wieder schwere Entscheidungen geben, welche nicht nur in den Gremien der Stadt Taucha, sondern auch in Teilen der Bürgerschaft kontrovers diskutiert werden. Nicht immer wird es klare Mehrheiten geben. Bei aller Emotionalität, in vielen Dingen, vertraue ich auf faktenbasierte Entscheidungen durch den Stadtrat. Unabhängig welches Thema gerade beraten wird. Taucha mit seinen Ortsteilen steht demografisch, finanziell, wirtschaftlich und gesellschaftlich gut da. Aus den erfolgreichen Entscheidungen der letzten Jahrzehnte hat sich Taucha positiv entwickelt. Nicht aktionistisch getrieben sondern mit mittel- bis langfristigen Zielen im Blick.
Persönliche Animositäten schaden unserer Heimatstadt. Wir stehen heutzutage wieder vor großen Aufgaben, mit anderen Vorzeichen. Ob gesellschaftlicher Zusammenhalt, Digitalisierung, wirtschaftliche Transformationen, verkehrliche Ansprüche, demografische Veränderungen, Anpassungen an den Klimawandel oder Schaffung von Wohnraum. Ich wünsche mir, dass wir uns gemeinsam diesen und allen anderen Herausforderungen stellen. Die Ablenkungen vom Wesentlichen passieren schnell und kosten Stadtrat, Verwaltung, Städtische Gesellschaften und Bürgerschaft unnötig viel Kraft. Die Bürgerinnen und Bürger zu einen, nach vorn zu blicken und unsere Heimat zu einem lebenswerten Ort auch in den kommenden Jahrzehnten zu gestalten, dafür benötigen wir Kreativität, Ideen, Mut und Durchhaltevermögen. Ich bin optimistisch, dass uns das in Taucha gelingt und rufe alle dazu auf.