Am Mittwochabend versammelten sich rund 60 Bürger aus Merkwitz, Seegeritz und Hohenheida in der Begegnungsstätte Merkwitz, um über die geplante Erweiterung des Gewerbe- und Industriegebiets bei Merkwitz zu diskutieren. Eingeladen hatte die Stadtverwaltung Taucha, vertreten durch Bürgermeister Tobias Meier, die Sachbearbeiterin für Bauwesen Rosica Komitova und die Stadtplanerin Ellen Nowack vom Planungsbüro Björnsen beratende Ingenieure, die den Bebauungsplan Nr. 70 „GE/GI Merkwitz“ betreuen. Die Anwesenden begegneten den Ausführungen der Stadt mit Skepsis und vielen Fragen, was zu einer hitzigen und teils emotionalen Diskussion führte.
Ellen Nowack erläuterte den aktuellen Stand des Bebauungsplanverfahrens, das sich derzeit in der Phase der frühzeitigen Bürgerbeteiligung befindet. Sie betonte, dass das geplante Gebiet als „Vorsorgestandort“ für künftige Ansiedlungen dient und keine konkreten Anfragen von Unternehmen vorliegen. Ein Zusammenhang mit BMW, wie von einigen Bürgern vermutet, bestehe nicht direkt, auch wenn das Gebiet im Rahmen des Regionalplans Westsachsen entwickelt werde. Die Fläche sei bereits im Flächennutzungsplan der Stadt Taucha von 2008 als Gewerbe- und Industriegebiet vorgesehen.
Die Reaktionen aus der Bürgerschaft, insbesondere aus Merkwitz, waren allerdings überwiegend kritisch. Die Anwohner beklagen vor allem die zunehmende Belastung durch Lärm und Verkehr. Der Hinweis, dass bereits der jetzige Industriepark durch Grünbewuchs kaum aus Merkwitz wahrnehmbar sein werde, wurde mit Gelächter und Unglauben aufgenommen. „Die haben wohl aus Portitz geguckt, oder was?”, raunte ein Anwesender.
Neben der Sorge um den Verlust der aktuell landwirtschaftlich genutzten Fläche und der zunehmenden Versiegelung von Böden wurde insbesondere die verkehrliche Anbindung thematisiert. Die Stadtverwaltung und Planerin stellten klar, dass die Erschließung über die BMW-Allee und nicht durch Merkwitz erfolgen soll. Dennoch bleibt die Sorge der Bürger bestehen, dass der Individualverkehr, insbesondere von Arbeitern und Zulieferern, das Verkehrsaufkommen weiter steigen lassen wird. Eine Bürgerin aus Seegeritz beklagte den fehlenden Ausbau von Fuß- und Radwegen, was das Risiko für Anwohner im Straßenverkehr erhöhe. Bürgermeister Tobias Meier verwies auf die gerade erst fertig gestellte Maßnahme im Ortskern von Merkwitz und sagte, dass gerade in Sachen Fußwege bereits viel in Taucha passiert sei. Ein geplanter Radweg zwischen Seegeritz und Merkwitz sei an Eigentumsverhältnissen gescheitert.
Auch ökologische Fragen wurden angesprochen. Obwohl die Planerin betonte, dass keine Schutzgebiete betroffen seien, befürchten Anwohner eine unzureichende Berücksichtigung des Naturschutzes. Eine Diskussion entbrannte über die mögliche Rodung von Waldflächen, wobei unterschiedliche Ansichten zwischen Bürgern und Planern geäußert wurden. Weiterhin äußerten Anwohner Bedenken, dass Regenwasser nicht ausreichend versickern könne und es zu Überschwemmungen kommen könnte.
Annett Koch, eine Merkwitzer Bürgerin mit planerischer Expertise, zerpflückte den aktuellen Vor-Entwurf und wies auf Widersprüche zwischen dem Bebauungsplan und dem Flächennutzungsplan hin. Sie kritisierte, dass wesentliche Änderungen zulasten der Ortslage von Merkwitz gingen und stellte beispielsweise infrage, ob betriebliche Tankstellen in dem Gebiet zugelassen werden könnten. Koch machte deutlich, dass aus ihrer Sicht das geplante Gebiet gegen das Baurecht, den Naturschutz und die Verfassung des Freistaats Sachsen verstoße.
Bürgermeister Tobias Meier zeigte Verständnis für die Bedenken der Bürger und betonte mehrfach, wie wichtig ihm die Beteiligung der Bürgerschaft sei. Er erklärte, dass die Planungen in enger Abstimmung mit der Stadt Leipzig erfolgen, die sämtliche Kosten übernimmt, während Taucha die Planungshoheit innehat. Auch er ermutigte die Anwesenden, ihre Einwände schriftlich bis zum 11. November einzureichen. Gleichzeitig wies er auf die Bedeutung des Projekts für die Wettbewerbsfähigkeit Tauchas hin, da es langfristig zu höheren Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommenssteuer führen könnte, die auch den Ortsteilen zugutekommen.
Trotz der Erklärungen bleibt die Stimmung in Merkwitz angespannt. Viele Bürger sehen in der Entwicklung des Industrieparks eine Bedrohung für ihre Lebensqualität und sind besorgt, dass die Stadtverwaltung ihre Bedenken nicht ausreichend berücksichtigt. Der nächste Schritt wird nun die Auswertung der schriftlich eingereichten Einwände sein, die in den finalen Bebauungsplan einfließen sollen, bevor dieser im Frühjahr oder Sommer 2025 erneut zur öffentlichen Beteiligung vorgelegt wird. Bis dahin bleibt das Thema ein kontrovers diskutierter Punkt in der Tauchaer Stadtentwicklung.