Nachdem Sachsen monatelang nichts gegen die steigenden Corona-Zahlen getan hat, soll nun alles ganz schnell gehen. Ministerpräsident Michael Kretschmer hat einen „Wellenbrecher” angekündigt. Ein Teil-Lockdown für zwei bis drei Wochen, der bereits am Montag in Kraft treten soll. Im Gespräch sind Schließungen von Bars und Clubs, möglicherweise auch der Restaurants sowie der Kultur wie Kinos, Theater und so weiter.
Anzeige
Wie nordsachsen24.de erfuhr, stehen auch die Weihnachtsmärkte zur Disposition: Aus Kreisen der Schausteller sickerte durch, dass die sächsische Staatsregierung auch plant, alle Weihnachtsmärkte zu verbieten. Dort, wo schon Buden und Dekoration aufgebaut sind, sollen sie wieder abgebaut werden. Zudem gebe es wohl bereits Gespräche zwischen Bund und Land bezüglich der Entschädigungen für Händler, Schausteller und andere Gewerbetreibende.
Mehr soll heute ab 19 Uhr bekannt gegeben werden. nordsachsen24.de wird berichten.
Wir sind mitten in der geballten 4. Welle. Um sie zu brechen, brauchen wir eine grundlegende Kontaktreduzierung um 60%. Dafür reicht 2G+ nicht aus. Das Sächsische Kabinett wird heute einen #Wellenbrecher beschließen, der am Montag in #Sachsen in Kraft tritt. (SK) #CoronaSN — Michael Kretschmer (@MPKretschmer) November 19, 2021
Liveticker der Kabinettspressekonferenz der Sächsischen Staatskanzlei
Michael Kretschmer sagt, besondere Situationen brauchen eine besondere Kommunikation. Es seien schwere, aber notwendige Maßnahmen, die jetzt bekannt gegeben werden. Die Situation ist hoch dramatisch. Vor 4 Wochen war die Inzidenz im Freistaat noch bei 100, heute sind wir bei knapp 600. Sachsen hatte vor zwei Wochen als erstes Bundesland 2G für die Gastronomie eingeführt - heute gilt das für das ganze Land.
Kretschmer: 2G und 2G Plus reicht nicht mehr, wir brauchen einen anderen Instrumentenkasten. Schulen, Bildung allgemein und Kindergarten sollen geöffnet bleiben . Bei dem breiten Infektionsgeschehen komme man nicht umhin, auch geimpfte Personen in die Verantwortung zu ziehen. „Wir brauchen mehr WIR und weniger ICH”, so Kretschmer. Veranstaltungen, wo viele Menschen über einen längeren Zeitraum zusammen sind, könnten nicht stattfinden.
Mit dem Wellenbrecher wolle man die Neuinfektionen verringern, die Gesundheitsämter sollen die Kontaktnachverfolgung wieder sicherstellen.
Die niedrige Impfquote sei der Grund für die aktuelle Situation. „Wir werden nicht müde, mantrahaft weiter für das Impfen zu werben”, so Kretschmer. Sachsen brauche mehr Impfbereitschaft von allen Bürgern.
„Es ist jetzt kein Lockdown, aber es ist zwingend, dass wir jetzt die Dinge durchsetzen.”
Kretschmer: „Keine Region in Deutschland wird in diesem Jahr ohne Einschränkungen Weihnachten erleben können.”
Wolfram Günther, Staatsminister für Energie und Umweltschutz (Bündnis 90/Grüne): Schutz und Eindämmung erreichen wir mit ganz massiver Einschränkung der Kontakte und Bewegungen. Pro Tag haben wir rund 7800 Neuinfektionen am Tag. Das macht deutlich, dass wir handeln müssen. Wir unterscheiden aber zwischen Geimpften und Ungeimpften. Darum soll es keinen allgemeinen Lockdown geben.
Geimpfte und Genesene dürfen weiter den Einzelhandel, Friseure und anderes nutzen.
Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr: Wir brauchen ein starkes Signal. Schließungen, 2G und 3G sind der Instrumentenkasten. „Sie tun nicht uns einen Gefallen, es geht nicht um die Regierung.” Ihm breche es das Herz, wenn er an die Kapazitäten der Krankenhäuser denkt.
Ab Montag werden verschiedene Einrichtungen geschlossen. Kultur, Theater, Clubs...
Und da ist die Bestätigung: Es wird keine Weihnachtsmärkte geben!
Petra Köpping, Gesundheitsministerin und Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt:
Diese Regelungen gelten bis 12. Dezember:
- Ausschank und Genuss von Alkohol in der Öffentlichkeit sind nicht gestattet.
- Ein Haushalt kann sich mit einer weiteren Person treffen. Kinder bis 16, geimpfte und genesene werden nicht mitgezählt.
- Hotspot-Regelung: Ausgangsbeschränkung für Ungeimpfte zwischen 22 und 6 Uhr in den Hotspots.
- Für den Zugang zum Arbeitsplatz gilt die 3G-Regel.
- Handel: Der Zugang ist nur mit 2G zwischen 6 und 20 Uhr möglich. Das gilt nicht für den Grundbedarf wie Supermärkte, Tankstellen und so weiter.
- Körpernahe Dienstleistungen: Alle müssen schließen. Allerdings gilt das nicht für medizinisch notwendige Behandlungen
- Ausnahme bilden die Friseure: der Besuch ist nur mit 2G erlaubt
- Prostitution ist untersagt.
- Diskos, Bars, Clubs, Bäder und Saunen sowie weitere Kultur wie Kinos oder Theater werden geschlossen.
- Sportstudios müssen schließen
- Bibliotheken dürfen öffnen.
- Veranstaltungen, Feste etc. sind untersagt. Auch Weihnachtsmärkte
- Im Sport ist alles untersagt außer der Schulsport.
- Beherbergung und Tourismus: sind untersagt.
- Außerschulische Bildung für Menschen ab 16 Jahren ist untersagt.
- Versammlungen dürfen nur ortsfest mit maximal 10 Personen stattfinden.
- Zugang zu Kirchen nur mit 3G möglich
- Restaurants bleiben geöffnet mit 2G
Kretschmer: Die sächsische Polizei wird stärker kontrollieren. Wir alle hoffen, dass wir eine Beruhigung der Pandemie schaffen. Die Impfkapazitäten werden weiter ausgebaut. Das Testmanagement werde aufgebaut. „Diese Maßnahmen müssen so wirksam sein, dass sie dieses Virus bekämpfen.” Die kommenden drei Wochen sollen auch genutzt werden, um gefälschte Impfzertifikate zu finden. Es werde zu drastischen Strafen kommen.
Köpping: Wir hoffen, dass die Maßnahmen das Geschehen eindämmen. Und es ist eine Warnung für die Landkreise über 1000er Inzidenz, dass weitere Maßnahmen möglich sind. Bußgelder sollen deutlich kommuniziert sein.
Kultusminister Piwarz: Wollen so vielen Schülern wie möglich einen Schulbesuch ermöglichen. Die Schulbesuchspflicht ist bis zu den Weihnachtsferien ausgesetzt. Viele Eltern wollten selbst die Entscheidung treffen, ob sie ihr Kind in die Schule schicken oder nicht. Alle Lehrkräfte würden aber gebraucht, um den Präsenzunterricht sicherzustellen. „Da leisten Lehrkräfte teils schon Übermenschliches.” Einen Anspruch auf Homeschooling gebe es also nicht. Eine Maskenpflicht im Unterricht für die Grund- und Förderschulen sei aktuell nicht geplant - aber es sei auch ein Mittel, das angewandt werden könne. Auch die außerschulischen Maßnahmen sollen zurückgefahren werden. Die Konzentration soll auf dem Schulhaus liegen. Das Schulschwimmen soll aber weiter möglich sein, weil die Schwimmhallen zu diesem Zweck geöffnet bleiben dürfen.
Piwarz: „Wer sich noch nicht impfen ließ, die deutliche Bitte: Geben Sie sich endlich einen Ruck und lassen Sie sich impfen!”
Fraktionschef Christian Hartmann (CDU) sagt: Die Situation droht, aus dem Ruder zu laufen. Es brauche mehr Kontrollinstanzen.
Franziska Schubert, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Grüne: „Wir haben als Regierung ein Versprechen gegeben, dass mit Impfungen wieder mehr möglich wird. Und dem müssen wir auch gerecht werden und das werden wir in Sachsen.” Auch von ihr die deutliche Bitte, sich impfen zu lassen. Kultur, Sport, Musik und Tanz sollte für Kinder weiter möglich sein. Dem werde man gerecht. Man sei heute sehr schnell mit dem Vorwurf der Spaltung. Spaltung treffe es aber nicht, es gehe vielmehr um die Freiheit. Mit den zeitlich befristeten Maßnahmen solle es gelingen, die Mega-Hotspots runter zu bekommen.
Dirk Panter, Fraktionsvorsitzender der SPD:
Zahlen lügen nicht. Die Inzidenz für Geimpfte lag stand gestern bei knapp unter 50, für Ungeimpfte lag sie bei über 1800. Die Zahlen sind deutlich, darum brauchten wir eine Differenzierung in den Maßnahmen. Appell und Aufruf an alle, sich an die Maßnahmen zu halten. Auch von ihm der Aufruf: „Die Menschen sollen sich impfen lassen. Es muss ein Pieks durch dieses Land gehen.”