Wut und Enttäuschung: Ende der Kita Haus Sonnenschein besiegelt | nordsachsen24.de

Wut und Enttäuschung: Ende der Kita Haus Sonnenschein besiegelt

Die Kita Haus Sonnenschein muss Ende Januar schließen. (Foto: Daniel Große)
Die Kita Haus Sonnenschein muss Ende Januar schließen. (Foto: Daniel Große)
Die Kita Haus Sonnenschein muss Ende Januar schließen. (Foto: Daniel Große)
Die Kita Haus Sonnenschein muss Ende Januar schließen. (Foto: Daniel Große)
Die Kita Haus Sonnenschein muss Ende Januar schließen. (Foto: Daniel Große)

Kurz nach der Abstimmung knallte die Tür des Ratssaals. Eine Anwesende aus Plösitz machte ihrer Wut über das besiegelte Aus der Kita Haus Sonnenschein auf diese Weise Luft.

Mit 15 Ja-Stimmen, einer Enthaltung von Peggy Schick (Unabhängige Wähler) sowie vier Nein-Stimmen der kompletten AfD-Fraktion wurde die Sitzungsvorlage, wonach die Kita Haus Sonnenschein in Plösitz in Kürze geschlossen werden soll, mehrheitlich angenommen. Janine Habener von den Unabhängigen Wählern rückte vor der Abstimmung aus Befangenheitsgründen vom Ratstisch.

Bürgermeister Tobias Meier erklärte vor der Behandlung des Themas, dass wohl kein Stadtrat einen solchen Tagesordnungspunkt gern auf der Agenda stehen hätte. Nach langer Prüfung sei es aber nun so, dass über die Schließung der einzigen Kita im Ortsteil Plösitz abzustimmen sei.

Andreas Windhövel, Fachbereichsleiter Innere Verwaltung erklärte danach, dass das Thema schon eine Weile in der Diskussion sei. Er erwähnte, dass man im September mit den Eltern und der Kita-Leitung zusammengesessen hätte, um die verschiedenen Ansichten auszutauschen. Er erklärte, das Haus Sonnenschein hätte viele Vorzüge. Die Kita sei gut ins Wohngebiet eingegliedert und die geringe Größe würde eine familiäre Atmosphäre ermöglichen. Das wüssten auch alle Stadträte und dies hätten sie sich auch bei ihrem Besuch in der Kita bewusst gemacht.

Allerdings, so Windhövel weiter, gehöre zur Wahrheit auch, dass das Haus viele Baumängel aufweisen würde. Abstandsflächen seien beim Anbau nicht eingehalten worden, damit wäre der Gruppenraumanbau unzulässig. Das Obergeschoss sei ungenügend erschlossen und einiges mehr. „Es würde viele Schritte erfordern, um einen dauerhaften Betrieb sicherzustellen“, sagte er. Letztlich bliebe aus wirtschaftlichen Gründen nur ein Abriss. Ein anschließender Neubau sei aber nicht zu realisieren, weil es angesichts sinkender Geburtenraten bereits jetzt zu viele freie Kitaplätze in Taucha gibt und entsprechend keine Landes-Fördermittel für den Bau einer neuen Kita eingeworben werden könnten.

Ausbau der Flohkiste schon viel länger beschlossen

Dass trotz sinkender Geburtenraten die Kita Flohkiste zur großen Kita mit 160 Plätzen umgebaut wird, hätte mit dem Planungsvorlauf zu tun, so Windhövel. Bereits zum Pressegespräch am Dienstagnachmittag erklärte er dies. Die Fördermittel seien 2019 beantragt worden. Vor Corona und dem Ukraine-Krieg. Ab 2021 kam der Geburtenknick, aktuell verzeichne man die Hälfte an Geburten also noch 2019. Begonnen wurde mit dem Umbau des Bowlingdschungels inklusive Zusammenlegung mit der Flohkiste im Mai 2023. Das Vorhaben wird zu 90 Prozent gefördert.

Zudem sind die Baugebiete Bogumilspark, Friedrich-Ebert-Wiese, Partheblick und Gartenstadt noch nicht realisiert oder im Fall des PartheBlicks gänzlich fallen gelassen worden. „Wenn dort überall schon Häuser stehen würden, sähe die Situation auch anders aus“, so Windhövel. Dass nun parallel noch der Ausbau der Flohkiste laufe, während man in Plösitz eine Kita schließt, sei so nicht geplant gewesen.

Spielplatz soll der öffentlichen Nutzung zugeführt werden

Die Zukunft des Grundstücks sei noch ungewiss. Möglicherweise könne der Spielplatz einer öffentlichen Nutzung zugeführt werden. Dies ist auch eine Bitte der Fraktion „Wir für Taucha“ gewesen. In einem Fraktionsantrag vom 7. November heißt es, hierfür würden zwar Kosten entstehen, man sehe aber einen enormen Mehrwert für den Ortsteil Plösitz. Zudem regte die Fraktion an, dass vor Abstimmung der Fakt und alle Zahlen noch einmal kurz und prägnant präsentiert werden sollten.

Auch Steffen Matthes, der Elternvertreter der Kita Haus Sonnenschein, ging in einer Bürgerfrage, die im Stadtrat verlesen wurde, auf den Spielplatz ein. „Mit der Kita-Schließung hat Plösitz keinen Spielplatz mehr, letztlich nur noch einen Bäcker. Plösitz wird vergreisen“, so Matthes.

21 Mal Stille aus den Reihen der Stadträte

Dass die Schließung von der Mehrheit der Stadträte getragen wurde, ahnte Matthes wohl schon beim Schreiben seiner Bürgerfrage. Dass es vor der Abstimmung nicht eine Wortmeldung der gewählten Bürgervertreter gab, verwunderte aber durchaus. Zumal die AfD-Fraktion komplett mit Nein stimmte. Eine gute Gelegenheit, ihren Standpunkt vor den zahlreich anwesenden Bürgern kund zu tun, die ungenutzt blieb. Ebenso keine bedauernde Wortmeldung der Sozialdemokraten, keine erklärenden Worte der FDP, die mit Kristina Danz die ehemalige Schulleiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums am Tisch sitzen haben. Stattdessen 21 Mal Stille zu solch einem emotionalen Thema, das laut den Eltern noch längst nicht zu Ende besprochen ist.

Nach der Abstimmung sagte Tobias Meier, dass man sich nicht leicht getan hätte mit dem Thema. Man würde weiter verantwortungsvoll damit umgehen, sagte er, ohne näher zu erklären, was das nach dem Aus der Kita nun genau heißt. Danach regte er eine kurze Pause zum Lüften an, wohl auch in der Hoffnung, dass die Eltern aus Plösitz dann gehen würden. Annelie Hampel von „Wir für Taucha“ nutzte die wenigen Minuten, um mit den aufgebrachten und wütenden Eltern zu sprechen und ihr „Ja“ zur Schließung zu erklären.

Wut und Enttäuschung bei den Eltern

Kurz vor Wiederaufnahme der Stadtratssitzung meldete Annabell Paulitz, die im Sommer eine Petition zum Erhalt der Kita gestartet hatte, Redebedarf an. Ein heikles Thema, denn Rederecht haben Bürger nur innerhalb der Bürgerfragestunde. Tobias Meier wies darauf hin, ließ Annabell Paulitz dennoch sprechen. „Das Gutachten halten wir für hoch fragwürdig“, sagte sie. Nach über 60 Jahren Betrieb der Kita reiche plötzlich die Deckenhöhe nicht aus. Sie und andere Eltern glauben nicht, dass die wirtschaftlichen Gründe so gravierend wären. Es sei von der Stadt kein Wille zu erkennen gewesen, etwas zu ändern. „Der Aufnahmestopp war der Todesstoß. Es hieß auch immer, es sei noch gar nicht klar, was gemacht wird. Und plötzlich gab es die Beschlussvorlage zur Schließung zum Jahresende“, zeigte sich Paulitz über die mangelnde Kommunikation enttäuscht.

Bürgermeister Tobias Meier widersprach, dass man durchaus Willen gezeigt hätte. „Wenn das nicht so wäre, wäre der Beschluss schon vor Monaten gefallen“, meinte er.

Eltern stellen Notwendigkeit der Schließung infrage

Nach der Abstimmung überreichte Elternvertreter Steffen Matthes der Presse und den Stadträten sowie auch dem Bürgermeister ein Schreiben, in dem er seine Enttäuschung zum Ausdruck brachte. Die aktuelle Situation habe nicht nur die betreffenden Mitarbeiter, Eltern und Kinder beschäftigt, sondern auch viele Bürger der Stadt Taucha. Seit Wochen sei gerätselt worden, wie es mit der Kita Haus Sonnenschein weitergehe, ohne dass es eine mündliche oder schriftliche Information seitens der Stadt oder dem Träger AWO Leipziger Land gegeben hätte. „Eine seit über 60 Jahren bestehende und unter den Bestandsschutz fallende Einrichtung, die jeglicher Qualitätsprüfung und Sicherheitsbegehung widersteht, soll nun wegen mangelnder Auslastung und erhöhten Sanierungskosten geschlossen werden?“, schreibt Matthes.

In Richtung der Stadträte und des Bürgermeisters schreibt er, dass die gewählten Vertreter nicht nur im Sinne der Stadt Taucha sondern auch im sozial geprägten Sinne und im Interesse der Bürger der Stadt Taucha beraten und entscheiden sollten. Zudem stellt Matthes sowie die anderen Eltern infrage, ob sich die Stadträte überhaupt mit dem Thema umfassend beschäftigt hätten. Man habe erhebliche Zweifel daran, ob wirklich alle Möglichkeiten in den Ausschüssen berücksichtigt und alle Eventualitäten ausgeschlossen worden seien.

So fragt Matthes, ob sich die Stadträte mit den Verwaltungsvorschriften des Ministeriums für Kultus vom 10. April 2005, der Kita-Kommission nach §26 Landesrahmenvertrag vom 19. Dezember 2018, der Unfallkasse Sachsen und den Empfehlungen des Ministeriums für Soziales hinsichtlich der räumlichen Anforderungen vom 2. Juni 2005 beschäftigt hätten. Zudem fragt er, ob jemand aktiv an einer Kita-Baumaßnahme mitgewirkt hätte. Auch fragt er, ob die Stadträte das einzige Baugutachten zum Thema kennen würden und ob man jemals in Erwägung gezogen hätte, ein zweites Gutachten in Auftrag zu geben. Auch würden fachkundige Bürger in den Ausschüssen vermisst.

Vertrauen in Stadtrat verloren

Insgesamt hätten die Plösitzer Eltern und Bürger der Stadt Taucha sowie die Mitarbeiter der AWO das Vertrauen in die Verwaltungsarbeit des Stadtrates und der Trägerschaft verloren. „Die hoch angepriesene Transparenz des Bürgermeisters ab 2024 blieb aus“, wird im Schreiben konstatiert. Auch auf die Unverhältnismäßigkeit der Aus- und Sanierungsarbeiten von bestehenden Kitas und dem trotz Geburtenrückgang in Kauf genommenem Neubau von Leerständen wurde in dem Schreiben nochmals eingegangen. Insgesamt bestätige sich das Gefühl, dass es nie ein Interesse an einer gemeinsamen Lösungsfindung gegeben hätte.

Steffen Matthes schließt das Schreiben mit einem Absatz, aus dem Enttäuschung und Vertrauensverlust sprechen: „Sicherlich werden diese Worte, wenn wir den Raum verlassen, in Schall und Rauch vergehen. Aber vielleicht hat es zum Nachdenken angeregt und hilft bei weiteren sinnvollen Entscheidungen.“

Kita schließt zum 31. Januar 2025

Die Kita Haus Sonnenschein schließt nach dem Beschluss zum 31. Januar 2025. Ursprünglich war das Ende bereits zum 31. Dezember geplant. Der zusätzliche Monat solle den Eltern mehr Spielraum bei der Suche einer anderen Kita geben, so Bürgermeister Tobias Meier gegenüber Taucha kompakt. Die AWO habe schon angeboten, die Kinder auf die anderen Einrichtungen des Trägers in Taucha zu verteilen. Ob die Eltern das Angebot angesichts der ausbleibenden Kommunikation der AWO annehmen, dürfte allerdings fraglich sein.


Daniel Große
Daniel Große
Daniel Große arbeitet seit 2001 als freier Journalist und berichtet hier zu allen Themen, die unsere Region bewegen. Infrastruktur, Blaulicht-Meldungen, Veranstaltungen, Neues aus den Rathäusern und vieles mehr veröffentlicht er hier. Schnell, kompakt und verständlich.
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