In Merkwitz formiert sich zunehmend Widerstand gegen die geplante Erweiterung des Industrieparks Nord. Entlang der Seegeritzer Straße und an anderen Stellen im Ort sind Banner mit der Aufschrift „Kein Industriegebiet zwischen Merkwitz und Hohenheida!” zu sehen. Die neu gegründete Bürgerinitiative gegen das Industrie- und Gewerbegebiet macht mobil – ein Bürgerbegehren ist in Vorbereitung.
Roland Wagner, Sprecher der Bürgerinitiative, betont: „Wir werden jetzt mit voller Kraft das Bürgerbegehren vorbereiten und wollen im Februar beginnen, Unterschriften zu sammeln.“ Ziel ist es, mindestens 750 Unterschriften von Tauchaer Bürgern zu erhalten, um die gesetzlich geforderte Marke von fünf Prozent der Wahlberechtigten zu erreichen. Laut Wagner ist dies eine Herausforderung, da Taucha neben der Kernstadt auch mehrere Ortsteile umfasst. „Wir sollten Mut haben zu so einem Bürgerbegehren. Es ist eine demokratische Sache,“ erklärt Wagner.
Die Bürgerinitiative plant, Menschen bei Veranstaltungen direkt anzusprechen und Netzwerke innerhalb von Vereinen zu nutzen. Eine E-Mail-Adresse (bbmerkwitz@gmx.de) wurde eingerichtet, um weitere Unterstützer zu gewinnen. Bereits beim traditionellen Feuer am vergangenen Samstag wurden erste Unterschriften gesammelt. Trotz einer formalen Frist von einem Jahr will die Initiative schnell vorankommen. „Wir wollen mit Vollgas anfangen und hoffen auf eine breite Unterstützung,“ so Wagner weiter.
Ein zentrales Anliegen der Initiative sei es, die Tauchaer Bürger umfassend zu informieren und gleichzeitig die Stadträte zu überzeugen. Wagner kritisiert: „Wir waren geschockt, dass alle Stadträte das ohne Vorbehalte mitgetragen haben.“ Die Initiative plant, alle Parteien und Gruppierungen gezielt anzusprechen, um ein Umdenken zu bewirken. Erste Gespräche mit der CDU haben bereits stattgefunden.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf den geplanten Bauhöhen der Industriehallen, die bis zu 20 Meter erreichen sollen. Henry Ludwig, ebenfalls Mitglied der Bürgerinitiative, hat mit Fotos und Montagen visualisiert, wie die Hallen das Landschaftsbild dominieren würden. „Das kann man sich kaum vorstellen. Es erschlägt uns,“ sagt Wagner.
Neben der optischen Beeinträchtigung sieht die Bürgerinitiative auch massive Probleme durch den Verkehr. „Die werden uns einkreisen mit Verkehr. Jetzt schon gibt es Stoßzeiten, wenn Schichtwechsel ist,“ beschreibt Wagner die Situation. Zusätzlich wird befürchtet, dass eine geplante Notausfahrt weiter ausgebaut wird und das Verkehrsaufkommen in den umliegenden Dörfern weiter steigt.
Auch Umweltaspekte spielen eine Rolle. Die Initiative warnt vor potenziellen Überflutungen in Merkwitz, da große Flächen versiegelt würden. „Regenwasser ist ein großes Thema. Wenn die Hallen stehen, sind wir nicht ausreichend geschützt,“ gibt Wagner zu bedenken.
Der Protest der Merkwitzer erhält Rückenwind aus dem benachbarten Leipzig. So hat sich der Ortschaftsrat Seehausen gegen die Erweiterung ausgesprochen. Ortsvorsteher Berndt Böhlau warnt in der Leipziger Volkszeitung vor einer weiteren Zunahme des Durchgangsverkehrs durch die Dörfer und kritisiert die Leipziger Stadtverwaltung scharf: „Früher wurde von einer grünen Lunge im Norden gesprochen, mittlerweile ist fast alles verbaut. Der Norden ist nur noch die Müllhalde für Industrieanlagen“, wird er in der Zeitung zitiert.
Die Stadt Leipzig weist diese Vorwürfe zurück. Laut einer Sprecherin würden die Interessen der Bürger aus Merkwitz ernst genommen. „Wir wollen zuhören, Interessen aufnehmen und Lösungen entwickeln, die möglichst viele Anforderungen vereinen.“ Die Merkwitzer wollen die Erweiterung aber komplett verhinder. In ihrer Argumentation verweist die Bürgerinitiative auf erfolgreiche Proteste in anderen Regionen. In Wiedemar konnten Bürger mit ähnlichen Anliegen ein Gewerbegebiet verhindern. In Gerstenberg bei Altenburg formiert sich ebenfalls aktuell Widerstand gegen das Industriegebiet Altenburg/Windischleuba. „Das gibt uns Mut. Es zeigt, dass unser Anliegen nicht aussichtslos ist,“ erklärt Wagner.
Obwohl die Bürgerinitiative gegen die aktuelle Planung kämpft, betont Wagner, dass sie nicht gegen die Stadt Taucha sei: „Wir sind überzeugt, dass wir hier etwas für ganz Taucha tun.“ Nun hoffen die Merkwitzer, dass ihre Bedenken Gehör finden und das geplante Gewerbegebiet neu überdacht wird. Die kommenden Wochen werden zeigen, wie viele Tauchaer sich hinter die Initiative stellen.
Tauchas Bürgermeister Tobias Meier hat Verständnis für diesen und andere Proteste gegen geplante Vorhaben der Stadt. „Es ist ein demokratisches Recht, dagegen zu sein. In Merkwitz haben wir jedoch die Chance, Taucha weiter positiv zu entwickeln und weiter auf solide Beine zu stellen. Wenn die Erweiterung des Industriegebiets nicht kommt, haben wir kaum andere Möglichkeiten für eine relevante Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen”, sagt er. Generell bemerke die Stadtverwaltung seit einigen Jahren, dass die persönlichen Interessenlagen der Bürger stärker in den Mittelpunkt gestellt würden. Es gebe mehr Redebedarf und den Wunsch nach Aufklärung. „Wir sind im Fall von Merkwitz noch nicht an dem Punkt, dass wir klar sagen können, wie die Schutzgüter Mensch, Natur und Tiere beeinträchtigt werden. Insofern wird am Gebiet weiter geplant und wir bleiben gesprächsbereit. Aus jedem Treffen zieht man etwas, das für beide Seiten wertvoll sein kann”, so Meier weiter.