Am 27. Juni 2022 berichteten zwei Weblogs über einen Vorfall in Taucha. Den Schilderungen im Weblog der Aktion Antifa Leipzig (AALE) und im Weblog des Vereins Solidarische Alternativen für Taucha (SAfT) zufolge wurde ein 14-Jähriger von 1 Uhr bis etwa 5 Uhr festgehalten, genötigt und misshandelt. Er soll durchsucht, homo- und transfeindlich beleidigt worden sein. Zudem sei er gezwungen worden, seine Bekleidung bis auf die Unterwäsche abzulegen. Danach soll er bespuckt, fotografiert und gefilmt worden sein. Unter Androhung weiterer Gewalt sei er gezwungen worden, mehrere Stunden mit den Tätern zu verbringen und sei nur spärlich bekleidet durch die Straßen der näheren Umgebung zwischen Graßdorfer Straße und Friedrich-Ebert-Straße getrieben worden. Auslöser sollte ein „linkes” Graffiti gewesen sein, das der 14-Jährige vorher gesprüht hätte.
Die Berichte in den beiden Blogs warfen zuerst mehr Fragen auf, als sie Antworteten lieferten. Es gab keine Anzeige des Opfers oder der Eltern. Niemand hatte den Vorfall beobachtet. Weder Polizei, noch Ordnungsamt hatten Kenntnis. An die Stadträte wurde nichts herangetragen, der Bürgermeister wusste nichts. Aus dem Umfeld der Oberschule Taucha, in die das Opfer gehen sollte, war ebenso nichts bekannt. Warum die beiden Weblogs zuerst über den Vorfall berichteten, war ebenso nicht klar. Taucha kompakt berichtete über die vermeintliche Tat. Bei vielen Lesern blieben Zweifel. Ungeachtet der spärlichen Faktenlage organisierte der Verein Solidarische Alternativen für Taucha am 29. Juni eine Kundgebung auf dem Tauchaer Marktplatz unter dem Titel „Rechte Gewalt stoppen”. Am 2. Juli kam dann das Aktionsbündnis „Leipzig nimmt Platz” nach Taucha , um unter der Überschrift „Auf nach Taucha, rechte Raumnahme stoppen!” auf ein vermeintlich rechtes Problem in unserer Stadt aufmerksam zu machen. Beide Kundgebungen und Demonstrationen schlugen Wellen, viele Tauchaer verwehrten sich gegen den Eindruck, Taucha wäre eine Keimzelle rechter Gewalt.
Die Berichterstattung über die mutmaßliche Tat erwies sich als schwierig, auch weil Opfer und Täter wohl noch minderjährig wären und hier besonderer Persönlichkeitsschutz zum Tragen kommen müsse. Zudem hieß es seitens der Staatsanwaltschaft, dass weiterführende Aussagen die Ermittlungen behindern könnten. Im Dezember 2022 wurde mitgeteilt, dass es zu Durchsuchungen bei einem bereits der Staatsanwaltschaft bekannten Tatverdächtigen gekommen sei. Zudem liefen gegen eine weitere Person Untersuchungen. Mangels Haftgründen sei aber kein Untersuchungshaftbefehl erlassen worden. Eine Bewertung des Vorfalls wollte die Staatsanwaltschaft damals nicht abgeben.
Eine kleine Anfrage der sächsischen Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) beziehungsweise die Antwort von Armin Schuster, Sächsischer Innenminister, mit Datum vom 11. September 2024 bringen nun mehr Klarheit in die Angelegenheit. Kernaussage: Der Sachverhalt wurde als politisch rechts motivierte Kriminalität (PMK) bewertet.
Laut der Antwort des Innenministers sei das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Leipzig abgeschlossen. Gegen eine beschuldige männliche Person, die zum Tatzeitpunkt 19 Jahre alt war, wurde mit Verfügung vom 19. Oktober 2023 Anklage zum Amtsgericht Eilenburg (Jugendschöffengericht) wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung, Nötigung sowie Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen erhoben. Ob das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt und damit das Hauptverfahren eröffnet, habe das Gericht noch nicht entschieden.
Zudem teilte der Innenminister mit, dass bei der Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten vier Mobiltelefone beschlagnahmt und Chatverläufe gesichert worden seien. Gegen die zweite beschuldigte Person, eine zur Tatzeit 21-jährige Frau, sei das Verfahren mit gleichem Tag in Ermangelung eines hinreichenden Tatverdachts für die Beteiligung an der Tat eingestellt worden.