In Merkwitz soll ein neues, kleines Wohngebiet entstehen. Der Lützener Immobilienentwickler KSW GmbH plant auf dem Grundstück an der Seegeritzer Straße den Bau eines Vierseitenhofs mit 20 Reihenhäusern, die zur Miete angeboten werden sollen. Seit Bekanntwerden des Vorhabens haben viele Merkwitzer Bedenken und vor allem Fragen. Am Donnerstag vergangener Woche trafen sich Mitglieder der IG Merkwitz mit Vertretern des Eigentümers.
Noch gibt es nicht mal einen Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan. Dennoch kochte das Thema bei den Merkwitzern bereits hoch, weil sich vor kurzem bereits der Technische Ausschuss des Stadtrates damit befasste. Viele Fragen vor allem zur Infrastruktur beschäftigen die direkten und weiteren Anwohner. „Zu dem Gelände gab es mal einen Vorhaben- und Erschließungsplan. Der damalige Investor ging dann aber insolvent und das Wohngebiet kam nie. Nun hat die KSW das Areal gekauft und will es natürlich schnellstmöglich entwickeln”, erklärte Henry Ottilie von der IG Merkwitz gegenüber Taucha kompakt. Seiner Einschätzung nach fand der Gesprächstermin zwischen KSW und den Anwohnern nur statt, damit der Stadtrat den Bebauungsplan auf den Weg bringen kann. „Mit entsprechend geringen Erwartungen bin ich in die Veranstaltung gegangen, letztlich war das alles nur eine erste Information ohne Bindung”, sagt er. Gleichzeitig sei er froh über die frühzeitige Einbeziehung der Bürgerschaft und hoffe, dass alle vorliegenden und folgenden Bedenken und Überlegungen der Merkwitzer in die Planungen eingearbeitet werden.
Wie wichtig der KSW das Projekt ist, zeigte, dass gleich drei Vertreter des Lützener Unternehmens beim Treffen dabei waren: Geschäftsführer Jörg Zocher, Vertriebsleiterin Kathleen Haubold und René Strauß, der die Entwicklung neuer Projekte leitet. Ebenfalls dabei war Robert Hesse, ein vom Eigentümer beauftragter Moderator. Er wird immer dann eingesetzt, wenn es Kommunikationsbedarf zwischen Bürgern, Investoren und Stadtverwaltungen gibt. Hesse war es dann auch, der die konkreten Pläne vorstellte. Demnach sei vorgesehen, eine Bebauung im Stil eines Vierseitenhofes auf dem rund 8500 Quadratmeter großen Grundstück zu errichten. Der Großteil des bislang vorhandenen Baumbestandes solle erhalten bleiben. Stellplätze würden gesammelt an der zu errichtenden Stichstraße entstehen, so dass der Bereich rings um die Gebäude autofrei bliebe. Vor den Gebäuden könnte jedoch be- und entladen werden.
Über die Anzahl der Reiheneinfamilienhäuser sei sich die KSW noch nicht gänzlich sicher. Geplant seien 20 Häuser. „Ob es am Ende so viele werden können, wird sich während der Planungen zeigen. Die Häuser sollen sich um einen gemeinsamen Hof gruppieren, der Zugang erfolgt ebenso über diesen Hof. Rückwärtig besitzt jedes Haus einen eigenen Garten”, so Robert Hesse.
Errichtet werden sollen die zweigeschossigen Häuser ohne Keller in einer Modulbauweise. Die Module kommen vom Tauchaer Unternehmen Lorenz Bau, das strohgedämmte Montageelemente in Ständerbauweise herstellt. Angestrebt werde zudem der Standard eines Nullenergiehauses. Die eigene Energieerzeugung der Häuser solle also ausreichen, den Verbrauch zu decken. Photovoltaik werde ebenso zum Einsatz kommen wie eine zentrale Wärmeerzeugung. Gebaut werden soll nach der Gold-Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Im Gegensatz zur 20 Jahre alten Planung, bei der von einer Flächenversiegelung von 45 Prozent ausgegangen war, soll dieser Wert nun nur noch rund 30 Prozent betragen.
Angeboten werden sollen die Häuser zur Miete, es handele sich also nicht um Kaufobjekte. Die KSW stelle sich vor, dass Mitarbeiter von BMW und anderen Unternehmen im nahen Gewerbegebiet an der BMW-Allee diese Häuser mieten könnten.
Lageskizze des künftigen Wohngebietes. Grafik: Stadt Taucha
Die Anwohner äußerten sich skeptisch gegenüber den Plänen. Sie befürchten, dass der Hof die ohnehin schon angespannte Verkehrssituation in Merkwitz noch verschärfen könnte. „Es gibt hier keine Kita und keine Schule. Jede Familie, die hier zusätzlich herzieht, bringt also sicher zwei Autos mit”, sagte eine Merkwitzerin und fragte nach der Anzahl der Stellplätze pro Haus. „Derzeit planen wir mit einem Stellplatz pro Haus. Unsere Erfahrungen zeigen, dass auch in ländlichen Regionen ein Auto pro Haushalt ausreicht”, meinte Robert Hesse. Worauf die Fragestellerin lachte und fragte: „Waren Sie schon mal in Merkwitz?”. KSW-Geschäftsführer Jörg Zocher führte an, dass Merkwitz seit den 90ern deutlich an Bewohnern verloren hätte. Nun bestehe aber in Taucha und auch den Ortsteilen erheblicher Bedarf an Wohnraum. „Auch Merkwitz muss hier seinen Teil leisten”, gab er zu bedenken. Dies brachte Roland Wagner von der IG Merkwitz geradezu auf die Palme: „Wir haben gerade erst eine Dorfchronik erstellt und auch die Einwohner gezählt. Wir sind aktuell bei rund 500 Einwohnern. Nach 1995 sind rund 300 Menschen neu hierher gezogen. Merkwitz ist also eigentlich gewachsen. Wenn Sie sich kundig gemacht hätten, hätten Sie festgestellt, dass im alten Herrenhaus 13 Wohneinheiten entstanden sind. Dort gibt es nun wesentlich mehr als 13 Autos, welche die Zufahrt verstopfen, teilweise auch die von der Feuerwehr. Nun erzählen Sie, sie bekommen das im neuen Wohngebiet hin. Daran haben wir doch erhebliche Zweifel”, sagte er.
Robert Hesse verwies auf den frühen Stand der Planungen und auf die Einbeziehung von Kommune, Landkreis und Nachbarn. Es wäre auch möglich, eine Parkpalette zu errichten, bei der dann zwei Autos pro Haushalt abgebildet werden könnten. Im Grunde seien diese Details jetzt aber noch irrelevant: „Das ist genau der Prozess, der im Verfahren behandelt wird. Jetzt schon über diese Details zu sprechen, wäre zu früh”, so Robert Hesse. Ebenfalls bemängelt wurde von den Anwohnern, dass die künftige Zufahrt zum Grundstück in einer Kurve liege. Hier befürchten die Merkwitzer einen neuen Unfallschwerpunkt. Auch dies sei Teil der weiteren Planungen, so der KSW-Vertreter. Die Breite von 5,60 Metern für die Zufahrtsstraße sei jedoch ausreichend, auch für Müllfahrzeuge.
Auch wurde der generelle Bedarf an einem Reihenhaus zur Miete in Merkwitz angezweifelt. „Woher nehmen Sie den Glauben, dass es Menschen gibt, die so ein Haus hier mieten würden? Es gibt keinen Fußweg, zu wenige Parkplätze, keine Kita, keine Schule und der Bus fährt nur selten”, so ein Teilnehmer der Gesprächsrunde. Robert Hesse meinte, es gebe viele Regionen, wo genau dies funktioniere. Generell zeige man sich offen für die Kritik der Anwohner.
Das nächste Treffen der Merkwitzer mit dem Investor solle drei bis vier Monate nach Aufstellungsbeschluss stattfinden. Und genau diese Aufstellung zum Bebauungsplan Nr. 71 „Merkwitz am Hasengraben” steht auf der Tagesordnung der kommenden Stadtratssitzung am Donnerstag, den 9. November. Ob das Vorhaben eine Mehrheit findet, ist noch ungewiss.
Update
Die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 71 „Merkwitz am Hasengraben” wurde in der Stadtratssitzung vom 9. November mehrheitlich angenommen.