Seit 2021 steht der Bau einer hochmodernen Judohalle in Taucha zur Diskussion. Die Pläne des Judoclubs Taucha, unter der Leitung von Simon Yacoub, sehen eine sportliche Begegnungsstätte vor, die zu den modernsten Judohallen Deutschlands zählen würde.
Geplant ist eine unterirdische Mattensporthalle mit Tiefgarage sowie begleitender Wohnbebauung, um das Projekt zu finanzieren. Finanziell gefördert durch den Landessportbund, aber ohne städtische Mittel, scheint das Projekt auf den ersten Blick verlockend für Taucha. Doch seit Bekanntwerden der Pläne vor drei Jahren ist der Weg zur Realisierung von zahlreichen Kontroversen geprägt, die in den städtischen Gremien und bei Anwohnern immer wieder für hitzige Debatten sorgen.
Nun hat der FDP-Ortsverband Taucha mit einem offenen Brief die anhaltende Verzögerung des Projekts scharf kritisiert und eine klare Entscheidung des Stadtrates gefordert. Die „permanente Verhinderung“, so die FDP, müsse ein Ende haben. Der Brief hat die Diskussionen neu entfacht, sowohl innerhalb der Fraktionen als auch in der Bürgerschaft.
Die Gegner des Projekts bringen seit Jahren drei wesentliche Kritikpunkte an: Lärmbelästigung, Verkehrsprobleme und die Höhe der geplanten Mehrfamilienhäuser. Während die Befürworter, darunter die FDP, betonen, dass all diese Bedenken bereits berücksichtigt wurden, bleiben die Kritiker skeptisch.
Einer der Hauptpunkte der Diskussion ist die mögliche Lärmbelästigung, insbesondere bei großen Veranstaltungen. Die FDP weist in ihrem Brief jedoch darauf hin, dass die Judohalle im Untergeschoss untergebracht werde und daher wenig Lärmemission zu erwarten sei. Simon Yacoub, der Initiator des Projekts, habe mehrfach versichert, dass die Dämmung des Gebäudes modernen Standards entspreche und somit keine erhebliche Belastung für die Anwohner zu befürchten sei. „Wenn vergleichsweise sporadischer Lärm bei diversen Veranstaltungen anderer Sporthallen nicht akzeptiert wäre, dann dürfte es ja keinerlei Sporthallen in Wohngegenden geben.”, heißt es in dem Brief der FDP, den der Stadtrat und Vorsitzende des Ortsverbands der freien Demokraten Jochen Möller versandt hatte.
Trotz dieser Zusicherungen bleibt die Sorge bei einigen Bürgern bestehen, was sich in den vergangenen Jahren auch immer in Bürgeranfragen an den Stadtrat zeigte. Vor allem bei größeren Turnieren oder Events, die der Judoclub in der neuen Halle abhalten könnte, sehen die Anwohner eine potenzielle Lärmbelastung. Simon Yacoub zeigt sich kompromissbereit und bietet an, die Anzahl der Veranstaltungen in den ersten Jahren zu begrenzen, um die Auswirkungen auf die Umgebung zu beobachten: „Wir lassen uns gern in den Satzungsbeschluss schreiben, dass in den ersten Jahren nur wenige Events stattfinden, um einfach zu sehen, was in Sachen Lärm und Verkehr passiert.”
Ein weiteres brisantes Thema ist die Verkehrsproblematik in der Klebendorfer Straße. Kritiker befürchten eine Überlastung des ruhenden und fließenden Verkehrs im Wohngebiet, vor allem durch die geplante Wohnbebauung und die zusätzlichen Besucher der Judohalle. Die FDP schlägt in ihrem Brief vor, dass bei Veranstaltungen auf die Parkplätze des nahegelegenen Möbel Kraft-Geländes zurückgegriffen werden könne, die am Wochenende ausreichend zur Verfügung stünden.
Die AfD-Fraktion äußert Bedenken hinsichtlich der Verkehrsführung und Parkmöglichkeiten in der Klebendorfer Straße. Klaus Hofmann, Fraktionsvorsitzender der AfD, stellt klar: „Die Klebendorfer Straße ist bereits jetzt eine Engstelle durch parkende Fahrzeuge. Zusätzlicher Verkehr würde die Lage nur verschärfen.” Auch bei früheren Bauprojekten sei Parkraum eher verringert als geschaffen worden, so Hofmann weiter. Er plädiert dafür, die bestehenden infrastrukturellen Probleme zunächst zu lösen, bevor neue Projekte realisiert werden. Simon Yacoub versteht diese Bedenken und bietet als möglichen Kompromiss an, eines der geplanten Wohnhäuser zugunsten eines Parkhauses zu streichen: „Das würde die Parkplätze von 80 auf 170 erhöhen. Damit wäre das Problem der Parkplatznot endgültig gelöst.” Auch der Erdaushub für die Tiefgarage könnte so eingespart werden, was das Projekt wirtschaftlich noch attraktiver machen würde.
Ein weiterer Diskussionspunkt ist die geplante Wohnbebauung, die dem Investor als Querfinanzierung für das Bauvorhaben dient und das Projekt überhaupt erst ermöglichen würde. Während die FDP und der Judoclub die neuen Wohnungen als wichtigen Beitrag zur Entlastung des Tauchaer Wohnungsmarkts sehen, kritisieren einige Stadträte die Höhe der Gebäude und deren Einfluss auf das Stadtbild. Die FDP argumentiert, dass die Höhe der geplanten Wohnhäuser im Einklang mit der „Zwickschen Siedlung”, also der benachbarten historischen Bebauung, stehe. Eine Reduzierung der Geschosshöhe, so die FDP, würde jedoch die Wirtschaftlichkeit des Projekts gefährden und zugleich die dringend benötigten neuen Wohnungen für Taucha verhindern.
Die SPD/Grüne/Linke-Fraktion zeigt sich offen gegenüber dem Bauprojekt, mahnt jedoch zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Sorgen der Bürger. Dana Goder (SPD) betont: „Die Halle stellt einen großen Mehrwert für Taucha dar. Wir müssen aber auch die Sorgen der Bürger ernst nehmen. Besonders das Parken und die Verkehrsbelastung dürfen nicht ignoriert werden.” Die Grünen, vertreten durch Fridtjof Erbs, stehen ebenfalls hinter dem Projekt, äußern aber Kritik am Vorschlag der FDP, ein generelles Parkverbot auf der Klebendorfer Straße einzuführen. „Ein solches Verbot würde den Verkehr beschleunigen und die Gefährdung potenziell erhöhen”, so Erbs. Stattdessen schlägt er kürzere, abwechselnde Parkzonen vor, die den Verkehrsfluss erleichtern sollen.
Auch die Wählergemeinschaft „Wir für Taucha” äußert sich wohlwollend zum Projekt wie Marco Niezgoda, Sprecher der Wählergemeinschaft, erklärt: „Das Projekt ist seit 2021 bekannt, und wir als neue Fraktion im Stadtrat brauchten deutlich mehr Informationen, die wir uns geholt haben. Nach aktuellem Kenntnisstand stehen wir dem Vorhaben positiv gegenüber und wollen das weiter unterstützen.” Er weist jedoch ebenso darauf hin, dass die Sorgen der Anwohner nicht vergessen werden dürfen: „Die Anwohner aus den vier umliegenden Straßen beschäftigt das Thema natürlich. Aber andere Bürger fragen auch, wann dort endlich gebaut wird.”
Die Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Taucha-Dewitz-Sehlis, Eigentümerin des betroffenen Grundstücks, unterstützt den Bau der Judohalle. Bernd Klauer vom Kirchenvorstand sieht in dem Vorhaben einen Glücksfall für die Stadt: „Wir wollen das Grundstück verwerten und etwas schaffen, das Taucha zugutekommt. Diese Halle wäre eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung, die zudem Sport und Wohnraum verbindet.”
Klauer lobt die Flexibilität des Investors, der bereit sei, auf die Bedenken der Anwohner einzugehen und Lösungen anzubieten. „Es ist selten, dass ein Investor nicht nur an Rendite denkt, sondern sich auch um die Bedürfnisse der Stadt und des Sports kümmert”, fügt er hinzu. Simon Yacoub bestätigt diese Einschätzung: „Wir haben seit über drei Jahren versucht, alle Bedenken zu berücksichtigen und sind bereit, weitere Anpassungen vorzunehmen.”
Dennoch warnt er, dass eine ständige Verzögerung des Projekts kontraproduktiv sei. „Wenn wir weiterhin nur Ablehnung spüren, werden wir das Projekt fallen lassen. Es geht hier auch um die soziokulturelle Zukunft von Taucha”, so Yacoub.
Während die FDP eine schnelle Entscheidung fordert, reagieren andere Fraktionen kritisch auf den offenen Brief und den darin aufgebauten Druck. Die Unabhängige Wähler bezeichnen das Schreiben als „reinen Populismus” und kritisieren den Versuch, Stadtratsarbeit in die Öffentlichkeit zu verlagern. „Wir haben das Projekt stets unterstützt, aber das Schreiben der FDP hilft nicht weiter. Es dient lediglich dazu, Polemik zu schüren”, so Jens Barthelmes von den Unabhängigen Wählern.
Die CDU-Fraktion, vertreten durch Frank Apitz, sieht ebenfalls Mängel im FDP-Schreiben: „Es ist nicht zielführend, die Arbeit des Stadtrates durch die Presse zu beeinflussen. Wir lehnen es ab, die Bedenken der Anwohner zu diskreditieren.” Die CDU betont zudem, dass eine sorgfältige Abwägung der Interessen aller Bürger notwendig sei, auch wenn dies Zeit in Anspruch nehme. „Es mag dauern, aber besser eine fundierte Entscheidung als ein Schnellschuss, der neue Probleme schafft”, erklärt Apitz.
Diese Haltung wird auch von der AfD geteilt, die die Kritik der FDP als überzogen einstuft. „Wir blockieren keine sinnvollen Bauprojekte”, stellt Klaus Hofmann klar, „aber wir müssen die bestehenden infrastrukturellen Probleme in Taucha im Blick behalten.”
Auch von „Wir für Taucha” kommt Kritik: „Den Vorwurf der FDP hinsichtlich der Doppelmoral können wir nicht nachvollziehen, das Thema Kampfsporthalle wurde bisher immer wieder im Stadtrat kritisch und nicht zielführend diskutiert und von den meisten Parteien eher defensiv behandelt”, so Marco Niezgoda. Und Fridtjof Erbs von den Grünen hätte sich gewünscht, dass das FDP-Schreiben die Stadträte direkt erreicht hätte und dass die Wortwahl etwas weniger Polemik enthalten hätte.
Der Bau der Judohalle in Taucha bleibt damit ein zentrales Thema für die Stadträte. Die Befürworter sehen darin eine einmalige Chance, eine moderne Sportstätte zu errichten und gleichzeitig Wohnraum zu schaffen, ohne die städtischen Finanzen zu belasten. Kritiker hingegen warnen vor den potenziellen negativen Auswirkungen auf die Verkehrs- und Wohnsituation im Gebiet. Die kommenden Stadtratssitzungen werden zeigen, ob die Entscheidung zugunsten des Projekts ausfällt oder ob es zu weiteren Verzögerungen kommt.
Für Simon Yacoub und den Judoclub Taucha steht viel auf dem Spiel. Sollte das Projekt abgelehnt oder weiter verzögert werden, könnte dies das Ende der Pläne bedeuten – und Taucha eine sportliche und städtebauliche Chance verpassen. Bereits jetzt seien Planungskosten im niedrigen sechsstelligen Bereich geflossen - ohne Aussicht auf eine schnelle Einigung.