Kita Haus Sonnenschein Plösitz: Verwunderung über Stellungnahme der AfD-Fraktion | nordsachsen24.de

Kita Haus Sonnenschein Plösitz: Verwunderung über Stellungnahme der AfD-Fraktion

Die Kita Haus Sonnenschein soll geschlossen werden. (Foto: Daniel Große)
Die Kita Haus Sonnenschein soll geschlossen werden. (Foto: Daniel Große)
Die Kita Haus Sonnenschein soll geschlossen werden. (Foto: Daniel Große)
Die Kita Haus Sonnenschein soll geschlossen werden. (Foto: Daniel Große)
Die Kita Haus Sonnenschein soll geschlossen werden. (Foto: Daniel Große)

Die Kita Haus Sonnenschein muss laut Beschluss des Stadtrates zu Ende Januar 2025 schließen. Dieser Beschluss erfolgte mehrheitlich ohne die Stimmen der AfD-Fraktion. Diese hat nun eine Stellungnahme veröffentlicht, die Rätsel aufgibt. Ein Kommentar.

Die Thematik rund um die Schließung der Kita Haus Sonnenschein in Plösitz wird bei aller Emotionalität der Sache von der Stadtverwaltung eher sachlich gesehen: Die Kosten sind hoch, die Belegung nicht ausreichend. Für eine höhere Kinderanzahl müssten bauliche Dinge verändert werden, was insgesamt zu teuer erscheint. Abriss und Neubau würden nicht gefördert werden, weil es insgesamt einen Überhang von Kitaplätzen in Taucha gibt. Einzige Alternative ist da also die Schließung – auch im Hinblick auf den Gesamthaushalt der Stadtverwaltung, der alle Belange der Kommune berücksichtigen muss.

Nun kann man durchaus geteilter Meinung über das endgültige Aus sein. Vor allem dann, wenn man nicht vollumfänglich über die Fakten informiert ist. Man mag aber denken, dass die Stadträte in das Thema komplett eingearbeitet sind – wie sonst sollten sie in der Sitzung abstimmen. Eine Stellungnahme der AfD-Fraktion, die in der vergangenen Woche verteilt wurde, lässt allerdings die Vermutung aufkommen, dass den vier Stadträten wichtige Informationen fehlen.

Hier die Stellungnahme im Original-Wortlaut, inklusive der Rechtschreibfehler:

In den letzen Jahren wurden mit viel Steuergeld einige neue Kitas gebaut für die nun leider die Kinder fehlen.

Diese Fehlkalkulation soll nun durch die Schließung von älteren kleinen Einrichtungen kompensiert werden und damit das nicht auffällt, werden dann plötzlich Gutachten mit gravierenden Mängeln erstellt, die behoben werden müssen.

Vorher hat das keiner gemerkt???

Oder Gefälligkeitsgutachten???

Dafür müssen die Kitas aber erst mal freigelenkt werden, angeblich um sie zu sanieren.

Wenn sie dann fast Kinderlos sind kann man die Einrichtung aus fehlender Wirtschaftlichkeit schließen!

Zum Thema Wirtschaftlichkeit: Die Stadt Taucha beschäftigt einen sogenannten „Klimamenager”!!! Nutzen Null, Null! Kosten für die Stadtkasse ca. 200 T€ pro Jahr, aber für eine erhaltenswerte Kita ist kein Geld da. Auch da hat der Stadtrat mehrheitlich zugestimmt.

Klaus Hofmann, AfD: „Habe Gutachten nie gesehen”

Diese Stellungnahme wurde an die Stadtratsfraktionen sowie an Taucha kompakt gesendet. Und sie hinterlässt mehrere Fragezeichen beim Lesen. Auf Nachfrage an den Fraktionsvorsitzenden Klaus Hofmann, warum die AfD in der Stadtratssitzung nicht bereits das Wort erhoben hat, antwortet dieser: „Das hätte doch nichts geändert. Wir sind auch davon ausgegangen, dass noch andere Stadträte nicht für die Schließung der Kita sind.“ Zum Absatz des „Gefälligkeitsgutachtens“ argumentiert er, dass er wisse, wie Gutachten zustande kämen. „Der Gutachter will doch auch weiter mit dem Auftraggeber Geschäfte machen. Also schreibt er das rein, was der Auftraggeber lesen will“, meint Hofmann. Ob das nun im Fall der Kita Haus Sonnenschein auch so gewesen ist, könne er nicht sagen. „Ich hab das aber mal in den Raum gestellt“, so Hofmann weiter. Das Gutachten, das im Auftrag der Stadtverwaltung erstellt wurde, habe er selbst nie zu Gesicht bekommen. Lediglich eine Art Zusammenfassung und Stellungnahme der Stadtverwaltung habe er gesehen.

Hofmann geht „alles gegen den Strich”

Dass aktuell der Umbau des Bowlingdschungels beziehungsweise die Sanierung der Kita Flohkiste mit dem Ziel der Kapazitätserweiterung erfolgt, fände er nicht gut. „Ja ich habe damals auch den Finger gehoben und war dafür. Da war ich noch ein Neuling in der Politik, das würde ich heute nicht mehr befürworten“, erklärt er. Hofmann sei „nicht mehr bereit, alles zu tragen“ und generell gehe ihm „alles gegen den Strich“.

Bürgermeister: Zahl der Kita-Plätze wurden 2018 festgelegt

Von Bürgermeister Tobias Meier kommen klare Worte. Von der „Stellungnahme“ der Afd habe er nur über Umwege erfahren, er selbst war nicht Adressat der unsortierten Worte. Seine Antwort fällt eindeutig aus: Auch er ist verwundert über das Schreiben und über die Unwissenheit der AfD. So schreibt er auf Anfrage, dass die Stadtratsgremien, die Presse und die Eltern aus Plösitz darüber informiert worden seien, dass die Einschätzung über die nötigen Kita-Plätze im Jahr 2019 auf den städtebaulichen Leitlinien basierten, die vom Stadtrat im Jahr 2018 festgelegt wurden. Vor Corona, vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine. „Beides hatte eine Vielzahl an negativen Folgen: Preissteigerungen bei Rohstoffen, Baupreisen, Zinsen, gestörte Lieferketten. Zudem eine längere Bearbeitungsdauer von B-Plänen aufgrund einer erhöhten Beteiligung öffentlicher Trägern und der Bürgerschaft. Aber nicht zuletzt auch durch einen kritischeren Umgang des Stadtrates mit Investorenplänen“, so der Bürgermeister.

AfD blockiert Vorhaben

Zudem spricht er die Blockade-Haltung der AfD an: „Ganz konkret verweigern sich Tauchas AfD-Vertreter seit Jahren fast ausschließlich gegen Wohnraumentwicklung in Taucha und den Ortsteilen. Dies führt nun tatsächlich zu weniger Kindern. Gleichzeitig befand sich die Stadt Taucha in den Jahren 2018 und 2019 in der Situation, dass sie vielen Kindern Anrecht auf einen Kita-Platz nicht verwirklichen konnte, was nun glücklicherweise anders ist“, erklärt er.

Dass die Sanierung der Kita Flohkiste derzeit noch in der Umsetzung ist, liegt an den sehr langwierigen Planungen, die durch die Fördermittelpolitik verursacht sei. „So werden Fördermittel erst Jahre nach dem festgestellten Bedarf bewilligt und können, sofern sich anderweitiger Bedarf in dieser Zeit abzeichnet, nicht mehr umgewidmet werden. Dies ist aus kommunaler Sicht ärgerlich, weil langsam und unflexibel - vom Bürokratieaufwand ganz zu schweigen. Gleichzeitig geht aufgrund der Finanzausstattung der Kommunen ohne Fördermittel nichts, was aber nicht auf kommunaler Ebene geändert werden kann, sondern Teil des bundes- und landespolitischen Diskurses werden sollte“, so Tobias Meier.


Niemand hat eine persönliche Freude daran, Kitas zu schließen.

Tobias Meier

Auch geht er auf die Unterstellung ein, man habe seitens der Stadtverwaltung „Gefälligkeitsgutachten“ anfertigen lassen. Es soll Bürgermeister mit einem kurzen Draht zu Anwaltskanzleien geben, die hier üble Nachrede riechen. Soweit geht Meier dann offenbar nicht. Stattdessen erklärt er gegenüber Taucha kompakt, dass „auch der Stadtverwaltung kritisch gesonnene Bürger verstehen werden, dass weder der Bürgermeister noch Verwaltungsmitarbeiter eine persönliche Freude daran haben, Kitas zu schließen, mit wütenden Eltern zu diskutieren oder sich vor der Presse dafür zu rechtfertigen.“ Es habe auch weder ein Verwaltungsmitarbeiter noch der Bürgermeister einen finanziellen Vorteil davon. Vielmehr habe sich die Stadtverwaltung proaktiv eingesetzt, um eine längerfristig tragfähige Kita-Planung zu veranlassen. „Dies erfolgte aus reinem Pflichtbewusstsein der Stadt Taucha für die Sicherheit der Kinder, langfristig und haushaltsgerecht gegenüber und eben nicht aus egoistischen Motiven heraus“, so Bürgermeister Meier weiter.

Gutachten kann jeder Stadtrat einsehen - wenn man denn will

Dass die AfD keine Gelegenheit gehabt hätte, das Gutachten einzusehen, bezeichnen manche Stadträte gegen Taucha kompakt als „Bullshit“. So sagt zum Beispiel auch Tom Richter, Vorsitzender der Fraktion SPD/Grüne/Linke, dass die Stadträte durchaus ein Akteneinsichtsrecht haben, was von seiner Fraktion auch genutzt worden sei. „Das ist aber Holschuld, das muss man wollen und aktiv danach fragen“, so Richter. Zudem verweist er auf eine generelle Wortlosigkeit der AfD in den Ausschüssen. „Wer sich an Debatten nicht beteiligt und sich stattdessen im Nachhinein als ahnungslos outet, bringt keinen Mehrwert für die Bürger und die Stadt“, sagt er.

Auch Tobias Meier verweist darauf, dass in diversen Ausschusssitzungen alle Stadträte darauf hingewiesen worden seien, dass sie ein Recht auf Einsicht in die Unterlagen hätten.

Klimaschutzmanager ist gefördert

Zu guter Letzt zerlegt der Bürgermeister noch die groteske Annahme der AfD, wenn die Stadtverwaltung keinen Klimaschutzmanager beschäftigen würde, hätte sie Geld für die Kita in Plösitz. Denn – was auch ein Klaus Hofmann wissen müsste – diese Projektstelle wird aus dem Förderprogramm „Erstvorhaben Klimaschutzkonzept“ des Bundesumweltministeriums finanziert und ist auf zwei Jahre befristet. „Die Stadt Taucha hat einen Zuwendungsbescheid in Höhe von 197.731 EUR erhalten. Dies beinhaltet eine 100-Prozent-Förderung von sämtlichen Ausgaben innerhalb der zwei Jahre, also auch Personalkosten und Sachleistungen“, so Meier. Das Förderprogramm sehe die Möglichkeit eines Anschlussvorhabens von drei Jahren vor. Der Klimaschutzmanager erarbeitet für die Stadt Taucha unter anderem ein Klimaschutzkonzept, was wiederum Grundlage für Fördermittel für die Modernisierung öffentlicher Einrichtungen werden kann.

Darauf angesprochen räumt Klaus Hofmann einen Fehler in der Stellungnahme ein und wollte diese korrigieren. Eine zweite Version ist bislang aber nicht angekommen.

Keine klare Haltung

Wohin die Reise im Stadtrat mit der AfD geht, ist aktuell nicht zu sagen. In Abstimmungen herrscht selten Einigkeit. Mal enthält sich ein Stadtratsmitglied, während die restlichen dagegen sind. Mal ist einer dafür, die anderen sind dagegen. Auch Tobias Meier wünscht sich, dass die AfD „sich sachbezogen und inhaltlich deutlich mehr als bisher in die Tauchaer Themen einbringt. Es ist für Verwaltung, andere Fraktionen und Bürgermeister kaum wahrnehmbar, welche Positionen die AfD im Rahmen von Beratungen in den Ausschüssen vertritt. Mir liegt ein konstruktiver Prozess beim Herangehen an Themen und dem möglichen Ausloten von Kompromissen nah. Für die Entwicklung Tauchas, der Ortsteile und der Region empfinde ich dies als wichtig“, so Meier.

Pauschalisierungen, Vermischungen von Themen und Polemik oder Unterstellungen, wie in der „Stellungnahme” der AfD würden da nichts nützen.


Daniel Große
Daniel Große
Daniel Große arbeitet seit 2001 als freier Journalist und berichtet hier zu allen Themen, die unsere Region bewegen. Infrastruktur, Blaulicht-Meldungen, Veranstaltungen, Neues aus den Rathäusern und vieles mehr veröffentlicht er hier. Schnell, kompakt und verständlich.
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